Leben in Zeiten des Coronavirus – danke liebe Jugend.

Gestern erreichte mich ein Aufruf zur Nachbarschaftshilfe, der mich sehr berührt hat. Da im Moment keine Klimastreiks oder andere Aktionen durchgeführt werden können, überlegen sich die jungen Klimastreikenden, wie sie den Alten und Schwachen der Gesellschaft helfen können. Das Besondere mit dem Coronavirus ist ja, dass es für junge gesunde Menschen praktisch keine Gefahr darstellt. Somit macht es Sinn, wenn sie z. B. die Einkäufe der Alten erledigen.

Ist dies selbstverständlich? Diejenigen, die von der Klimaerwärmung am stärksten betroffen sein werden, zeigen ihre Solidarität mit der Generation, die das Problem verursacht hat. Der Homo oeconomicus würde anders handeln und das Coronavirus als Chance sehen, sich Vorteile zu verschaffen oder die Politik zu erpressen. Die Jungen sind aber nicht zynisch genug, um dies zu tun.

Es gibt eine interessante Parallele zwischen der Klimaerwärmung und der Verbreitung des Coronavirus: Politisches Zögern ist in beiden Fällen tödlich, wie Elizabeth Sawin in einem Tweet schön gezeigt hat.

https://twitter.com/bethsawin/status/1238095987211751425

Der Grund dafür ist, dass beide Prozesse eine Eigendynamik besitzen. Bei der Verbreitung einer Grippe ist die Anzahl Neuansteckungen proportional zur Anzahl der Kranken (exponentielles Wachstum) aber der Wachstumskoeffizient ist davon abhängig, wie viele Menschen noch angesteckt werden können. Wenn eine kranke Person im Durchschnitt 1.3 andere Personen ansteckt, fangen die Fallzahlen dann an zu sinken, wenn 25% der Bevölkerung Immunität entwickelt hat, da 1.3×(1-0.25)<1. Wenn stattdessen im Durchschnitt 2.3 Personen angesteckt werden, müssen zuerst 60% der Bevölkerung krank werden, bevor die Ansteckungskurve abflacht.

Das Problem mit dem Coronavirus ist, dass es viel ansteckender und viel tödlicher ist als das normale Grippevirus. Dies führt dazu, dass mehr Menschen krank werden und viele davon sterben. Wenn zu viele Menschen gleichzeitig krank werden, nimmt die Mortalität zusätzlich zu, da die Spitäler nicht mehr in der Lage sind die Kranken zu behandeln. Dieser Zustand ist in Italien schon eingetreten und es ist wohl nur eine Frage der Zeit, bis andere Länder so weit sind. Dies wäre dann der Kipppunkt (tipping point) der Pandemie: Endliche Ressourcen und exponentielles Wachstum vertragen sich schlecht.

Eine sehr gute Zusammenfassung der Gefahren des Coronavirus ist hier zu finden: Coronavirus: Why You Must Act Now. Den Artikel gibt es auch in deutscher Übersetzung.

Ohne drastische Massnahmen gegen das Coronavirus, werden viele alte Menschen sterben. Wenn wir nichts gegen die Klimaerwärmung unternehmen, werden noch mehr junge Menschen sterben. Worin liegt der Unterschied? Nur darin, dass die Alten mehr politisches Gewicht haben und die katastrophalen Wirkungen des Coronavirus innerhalb einer Legislaturperiode sichtbar werden.

Die Coronapandemie wird wohl in 1-2 Jahren vorbei sein. Es ist zu hoffen, dass der Begriff Solidarität etwas länger in Erinnerung bleibt.


Hier ein interessanter Artikel zu unserem Umgang mit Klimaerwärmung und Coronavirus.

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