Unwissen schützt nicht vor Strafe

Der Minister nimmt flüsternd den Bischof beim Arm: Halt du sie dumm, – ich halt’ sie arm!

Reinhard Mey, Sei Wachsam

Seit 10 Jahren halte ich öffentliche Klimavorträge. Genützt hat es nicht viel, denn in dieser Zeit hat die Menschheit weitere 370 Gigatonnen (Milliarden Tonnen) Kohlendioxid ausgestossen, wodurch die Konzentration in der Atmosphäre von 396 auf 420 ppm gestiegen ist und sich unser Planet um weitere 0.2°C erwärmt hat. Das 1.5-Grad-Ziel ist inzwischen aufgegeben worden und noch nie wurde so viel Kohle verbrannt wie im Jahr 2022.

Meinen ersten Klimavortrag habe ich auf Wunsch der Studierenden im Jahr 2013 gehalten und der Hörsaal war entsprechend voll. Heute ist es deutlich schwieriger, das Interesse der jungen Menschen für ihre eigene Zukunft zu wecken. Es ist, als hätten die meisten von ihnen schon aufgegeben und daran sind nicht nur die Medien, sondern auch das Bildungswesen schuld.

Kürzlich hatte ich mit einigen Kolleginnen und Kollegen eine Diskussion über den Inhalt des Ingenieurstudiums. Mein Vorschlag, dass die Unmöglichkeit eines Perpetuum Mobiles zur Abgangskompetenz gehören müsste, ist nicht gut angekommen. Stattdessen werden naturwissenschaftliche Fächer überall gestrichen, um Platz für andere Themen zu schaffen. Das Ergebnis ist, dass immer weniger Menschen verstehen, wie die Welt funktioniert.

Was ist die Aufgabe des Bildungswesens? Sollen wir kritisch denkende Menschen ausbilden, die in der Lage sind, die Welt zu verstehen und die richtigen Fragen zu stellen? Oder besteht die Aufgabe darin, gefügige Lohnsklaven zu produzieren, die hart arbeiten, um die Renten ihrer Eltern zu finanzieren? Müssen die Studierenden wissen, dass unbegrenztes Wachstum auf einem endlichen Planeten unmöglich ist? Müssen sie verstehen, dass sie in einer Gesellschaft leben, in der sie von allen Seiten angelogen werden?

Ihr finanziert uns die Renten und erbt dafür den Klimawandel.

Dr. Daniel Sager, DEZA

Letzte Woche habe ich mir meine erste Klimapräsentation aus dem Jahr 2013 wieder angeschaut. Alles war richtig aber meine Aussagen waren nicht radikal genug. Zu jener Zeit hatte ich noch etwas Hoffnung, dass eine internationale Zusammenarbeit zur Rettung der Menschheit doch möglich wäre. Heute ist mir klar, dass bestehende politische und wirtschaftliche Machtstrukturen dies verhindern. Trotzdem gebe ich nicht auf. Unwissen schützt nicht vor Strafe und die Ignoranten werden wohl zuerst an den Folgen des Klimawandels sterben.

Ich werde mich weiterhin weigern, nützliche Idioten auszubilden, sondern meinem Motto treu bleiben: «Den Kindern einen Grund geben, uns nicht zu hassen.» Die Rückmeldungen von jungen Menschen geben mir recht.

Wahre Freundschaften sind nicht käuflich und wer etwas Gutes tut, hat ein glücklicheres Leben. Hier einige Beispiele von jungen Menschen, die etwas Positives bewirken.

Rachel Donald hielt am 22. März an der OST einen Vortrag über die planetare Krise: Making Sense of the Crisis. Die Pressemitteilung dazu ist hier zu finden: Die Atmosphäre glaubt keine Buchhalter-Tricks. Im Video oben spricht sie über die wichtige Rolle von Ingenieuren und Ingenieurinnen.

Roman Thurnherr hat Erneuerbare Energien und Umwelttechnik an der OST studiert und ist jetzt damit beschäftigt, den Seegrund vor Uetikon zu sanieren.

Dylan Derradj und Simon Grundler der OST haben zusammen mit Julian Rieder der ETH eine solarbetriebene Wasseraufbereitungsanlage in Liberia aufgebaut.